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NACHKLANG
Der dritte Mann
Schauspiel mit Live-Musik in einer Inszenierung
vom Motown-Theater Wolfsburg
Ein Film auf der Theaterbühne
Er ist ein Klassiker. Millionen von Menschen haben den düsteren Thriller nach einem Drehbuch
des britischen Bestseller-Autors Graham Greene gesehen. Nicht nur Fachleute zählen den 1948
in Wien gedrehten Film zu den bedeutendsten Produktionen der Filmgeschichte: „Der dritte Mann“
beeindruckt Kinogänger bis heute, die mit einer Zither gespielte Titelmelodie wurde zum
Evergreen.
Es schürt viele Erwartungen, wenn ein Ensemble sich anschickt, diesen Film auf eine
Theaterbühne zu bringen. Wie lassen sich zum Beispiel Verfolgungsszenen in den unterirdischen
Abwasserkanälen Wiens auf einer Bühne visualisieren? Wie lässt sich eine Figur, die mit dem
charismatischen Orson Welles verbunden ist, neu erfinden?
Das „Motown Theater“, ein Tourneetheater mit Basis in Wolfsburg, gastierte mit dem Stück „Der
dritte Mann“ und dem Untertitel „Multimediales Lesetheater“ im Eutiner Binchen. Tatsächlich wird
in dem Stück nichts vorgelesen. Der Begriff multimedial ist dagegen passend: Ergänzend zu
Schauspiel-Szenen werden Ausschnitte aus dem Film gezeigt, darunter auch die berühmte Jagd
auf Harry Lime in den Kanälen. Und es gibt viel Zither-Musik, live gespielt von Johannes
Schubert. Der 1988 geborene Hesse ist zweifellos ein Meister dieses seltenen Instrumentes, mit
dem er musikalische Brücken zwischen den einzelnen Szenen spannt.
Vier Schauspieler, die teilweise in mehrere Rollen schlüpfen, bieten die Handlung dar, in deren
Mittelpunkt der Schriftsteller Rollo Martins (Danny Richter) steht: Der Brite
wurde von Harry Lime (Robert Zimmermann) nach Wien eingeladen, erlebt
aber kurz nach seiner Ankunft die Bestattung seines Jugendfreundes.
Der war angeblich bei einem Autounfall ums Leben gekommen, aber
Martens findet trotz zahlreicher Widerstände heraus, dass Lime seinen Tod
vorgetäuscht hat, weil er sich als skrupelloser Schwarzmarkt-Lieferant eines
wirkungslosen Antibiotikums einer Verhaftung entziehen wollte. Martins lockt
Lime aus seinem Versteck. Sein Plan, den Freund der Polizei auszuliefern,
endet für Harry Lime aber tödlich.
Wichtige Akteure sind der britische Major Calloway (Roland Kalweit) und
Harry Limes Freundin Anna Schmidt (Barbara Fressner). Als Hausmeister
Koch, US-Colonel Cooler oder Baron Kurtz ergänzt Robert Zimmermann
wichtige Rollen.
Leider kommt manche Darstellung etwas hölzern daher. Und die Düsternis
des Originals lässt sich auch mit Filmausschnitten nicht vermitteln. Aber: Die
Handlung ist auch für Zuschauer, die das Stück nicht kennen, gut zu
verfolgen. Ein Abend, der die Lust weckt, sich den Film wieder einmal
anzuschauen.
Achim Krauskopf