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Dr. Kästners lyrische Hausapotheke

Gedichte auf Rezept, ausgestellt von Christian Dieterle
Binchen FilmKunstTheater 7.2.2025, 20 Uhr
Als Erich Kästner 1936 eine Auswahl seiner Gedichte veröffentlichen wollte, konnte er das nur in der Schweiz tun. Die Nazis hatten 1933 mit vielen anderen auch seine Bücher verbrannt, der Autor hatte Schreibverbot. Dennoch wurde der Gedichtband schnell zu einem Bestseller (verbotenerweise auch in Deutschland). Erich Kästner glaubte an eine therapeutische Heilkraft von Gedichten und nannte darum seinen schmalen Band »Dr. Erich Kästners lyrische Hausapotheke«. »Wer Kopfweh hat, nimmt Pyramidon«, schrieb er im Vorwort: »Wer an Magendrücken leidet, schluckt doppeltkohlensaures Natron. Bei Halsschmerzen gurgelt er mit Wasserstoffsuperoxid. Und in dem Schränkchen, die Hausapotheke heißt, halten sich, dem Menschen zu helfen, überdies Baldrian, Leukoplast, Borsalbe, Pfefferminztee, Mullbinden und Sublimatlösung in Alarmbereitschaft. Aber manchmal helfen keine Pillen. Denn was soll einer einnehmen, den die trostlose Einsamkeit des möblierten Zimmers quält oder die nasskalten, nebelgrauen Herbstabende? Zu welchen Rezepten soll der greifen, den der Würgeengel der Eifersucht gepackt hat? Womit soll ein Lebensüberdrüssiger gurgeln? Was nützen dem, dessen Ehe zerbricht, lauwarme Umschläge? Die Einsamkeit, die Enttäuschung und das übrige Herzeleid zu lindern, braucht es andere Medikamente. Einige davon heißen: Humor, Zorn, Gleichgültigkeit, Ironie, Kontemplation und Übertreibung. Es sind Antitoxine.«
Eintritt: 12,- (10,-) Euro. Karten in Baptistas Laden in der Lübecker Straße 10 und an der Abendkasse
Der Berliner Schauspieler Christian Dieterle wird wie ein guter Apotheker die bewährten Heilkräfte der lyrischen Hausapotheke verabreichen - gern auf Rezept.