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7. Februar2025
Dr. Erich Kästners lyrische Hausapotheke Gedichte auf Rezept, verabreicht von Christian Dieterle
Weniger ist mehr Erich Kästners »Lyrische Hausapotheke« war am Freitag, den 7.02.25, der Grund für sehr viele Menschen ins Binchen zu kommen. Der Schweizer Schauspieler Christian Dieterle, bekannt aus vorherigen Veranstaltungen, las daraus. Im Galopp ging es in der knapp anderthalbstündigen Lesung durch die Gedichte der »Hausapotheke«. Kaum dass Zeit blieb, eine der kostbaren Pointen in ganzer Tiefe zu verstehen, musste man sich schon dem nächsten Gedicht widmen. Dieterle hatte eingangs eine Abfrage gemacht, zu welchen »Kümmernissen«, die Kästner in alphabetischer Reihenfolge angeordnet hatte, Medizin benötigt würde. Da er im zweiten Teil darauf einging, entstand zumindest hier der nötige Raum zwischen den Gedichten. Es fehlte aber eine Einführung in die Besonderheiten dieses kleinen Buches. Unerwähnt ließ er die Tatsache, dass die »Hausapotheke« 1936 in der Schweiz entstanden war, als Kästners Bücher schon drei Jahren zuvor in Deutschland verbrannt worden waren und er mit einem Publikationsverbot belegt worden war. Auch den Umstand, dass dennoch Exemplare nach Deutschland und sogar in das Warschauer Getto gelangten, eins davon von Teofila Langnas in Kalligraphie abgeschrieben und 1941 ihrem späteren Gatten Marcel Reich- Ranicki zum 21.Geburtstag geschenkt, verschwieg er. Kästner selbst hatte in seinem Vorwort zu der »Hausapotheke« geschrieben: »Der vorliegende Band ist der Therapie des Privatlebens gewidmet. Er richtet sich, zumeist in homöopathischer Dosierung, gegen die kleinen und großen Schwierigkeiten der Existenz« und »Es tut wohl, den eignen Kummer von einem andren Menschen formulieren zu lassen. Formulierung ist heilsam. Es ist zudem bekömmlich zu erfahren, daß es anderen nicht anders und nicht besser geht als uns selber.« In seiner Situation bekommen solche Sätze noch einmal eine ganz andere Bedeutung. Wünschenswert wäre gewesen, Dieterle hätte mit ein paar kurzen Worten eine Überleitung von Gedicht zu Gedicht gefunden und hätte dem aufmerksamen Zuhörer ein wenig Zeit – auch innerhalb des Gedichtes – gegeben, den Witz und die Größe der Lyrik zu erfassen. Da hätten weniger Gedichte zu mehr Genuss geführt. Rosemarie Schrick