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NACHKLANG
Professor Unrat
Literarisches Solo
von und mit Volker Ranisch
Mit Unrat im Gepäck
Zum wiederholten Male im Eutiner Binchen und immer
gern gesehen. Das ist Volker Ranisch, der sein Publikum
jedes Mal wieder mit seiner hinreißenden Schauspiel-
kunst fasziniert. Am Freitag, 14. Juni 2024, brachte er
„Professor Unrat“, ein literarisches Solo nach dem Roman
von Heinrich Mann, auf die Bühne. Der sehr erfolgreiche
Roman ist unter dem Titel „Der blaue Engel“, mit Marlene
Dietrich und Emil Jannings verfilmt, vielen noch ein
Begriff.
Zunächst ertönt, sozusagen als Überschrift, die Melodie „Üb immer Treu und Redlichkeit“.
Sie zieht sich durch das Stück, in dessen Verlauf Treu und Redlichkeit im Sinne des
Bürgertums langsam aber sicher jede Bedeutung verlieren.
Kein leichter Stoff, aber dank des Könnens und der sehr eigenen Interpretation von
Ranisch höchst vergnüglich.
Volker Ranisch beginnt zur Einführung, den Text vorzulesen, legt ihn aber schnell beiseite.
Von da an spielt und rezitiert er 80 Minuten ohne Pause den Text von Heinrich Mann. Das
allein ist schon großartig. Dabei hält er die Spannung in jedem Moment; so sehr, dass das
Publikum am Ende noch immer gespannt wartet, dass es doch weitergehen möge.
Wer Ranisch schon einmal erlebt hat, weiß, wie gern er verschiedene Charaktere darstellt.
Er spielt nicht allein Professor Unrat, dessen tatsächlicher Name in Manns Roman
Immanuel Rath ist, er wird es. Genauso wird er auch der Schüler Lohmann, der beim
Zitieren des Textes vor den Augen des Zuschauers entsteht. Nicht weniger genießt er,
Rosa Fröhlich darzubieten. Er braucht dazu als Requisiten lediglich einen knallroten
Lippenstift und eine rote Schleife unterhalb des Knies, die auftaucht, als er sein Hosenbein
grazil lupft und damit natürlich für Lachsalven sorgt. Rosa Fröhlichs Figur zeigt sich dem
Zuschauer so lasziv, so unwiderstehlich und „unanständig“, wie es für einen Mann im
Anzug überhaupt nur möglich ist.
Ranisch mag Überspitzung, gerade so eben, nie zu viel. Er zelebriert die kleine,
haarscharf dosierte Prise Ironie, immer begleitet von einem Augenzwinkern. Er lässt die
Charaktere in ihrer Unterschiedlichkeit lebendig werden; man hat sie „persönlich“
kennengelernt.
Er ist eben ein Meister.
Und er hat seinem begeisterten Auditorium wieder einmal einen unvergesslichen Abend
beschert.
Rosemarie Schrick