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NACHKLANG
Das Wintermärchen
Romanze von William Shakespeare in einer
Inszensierung der Bremer Shakespeare Company
Viel Theater mit wenig Aufwand
Während sich draußen der Winter eine Pause gönnt, entspinnt sich drinnen im Binchen, das Wintermärchen.
William Shakespeare hat es erzählt und die Bremer Shakespeare Company, schon lange in Eutin bekannt
und immer wieder gern gesehen, hat es inszeniert und aufgeführt.
Ein Schauspiel, ein Märchen, eine Romanze. Romanzen zeichnen sich dadurch aus, dass sie gut ausgehen.
Das erklärt Petra-Janina Schultz in ihrer grandiosen Einführung. Und auch, dass es ein Kniff der Regisseurin,
Paricia Benecke, war, das Märchen aus der Sicht Perditas, Tochter des Königspaares Leontes und
Hermione, erzählen zu lassen.
Aus weiblicher Sicht wird besonders deutlich, was die rasende und völlig unbegründete Eifersucht des einen
und die Tobsucht des anderen Königs anrichten. Schaut man gerade jetzt in die Welt, staunt man, wie wenig
sich seit Shakespeares Zeiten verändert hat und wie auch heute „Herrscher“ ihren völlig unbeherrschten und
unreflektierten eifersüchtigen und tobsüchtigen Gefühlen und Machtansprüchen freien Lauf lassen, egal,
wieviel Not dadurch entsteht.
Als einzige Frau in diesem Stück schlüpft Petra-Janina Schultz denn auch in die Rolle der
Erzählerin, der Paulina, der Perdita und deren Mutter Hermione. Geschickt, wie nebenbei und
mit kleinem Aufwand, wechselt sie die Kostüme und damit die Rollen, von denen sie jede
einzelne großartig spielt. Den Wechsel im Nu in die unterschiedlichsten Rollen vollziehen auch
die anderen drei Darsteller überzeugend: Simon Elias als Prinz Mamillius und drei weitere
Rollen, Tim D. Lee als Böhmen-König Polixenes und sechs weitere Protagonisten, darunter
auch eine Hofdame. Und Markus Seuss spielt Leontes, König von Sizilien, daneben eine
Hofdame und einen alten Schäfer.
Beeindruckend, mit wie wenigen Mitteln und mit welcher Leichtigkeit alle Vier die so
verschiedenen Rollen einnehmen und glaubwürdig darstellen. Und das nicht nur in
Sprechrollen, sondern auch als Chor, der in diversen Szenen stimmungsvolle Klangbilder
erzeugt.
Das Bühnenbild wunderbar in seiner Einfachheit und zum Staunen, mit wie wenig Requisiten
ein 20 Jahre dauernder eisiger Winter den Zuschauer frieren lässt. Schön gemacht auch die
Masken von Bären, Wolf und Schafen, die das Märchenhafte des Stückes unterstreichen.
Nachdem das Stück geendet hatte und der große Applaus im ausverkauften Binchen abebbte,
betonte Petra-Janina Schultz noch einmal die Notwendigkeit echten Theaters auf echten
Bühnen, weil der Kontakt von Publikum und Schauspielern so unmittelbar sei und weil Theater
eben etwas ganz Besonderes sei. In heutiger Zeit, nachdem Corona manchen kleinen Bühnen
das Überleben unmöglich machte und die Politik die Wichtigkeit von Kultur nicht mehr versteht
und darum zuerst dort die Mittel kürzt, war dieser Hinweis noch einmal nötig und wertvoll.
Und davon abgesehen hatte das Publikum einen wundervoll unterhaltsamen Theaterabend,
bei dem vier Darsteller 17 Rollen spielten. Wenn das nicht sparsam ist!
Rosemarie Schrick